Mar 1

Weiße Fahnen für die Kitas?


Ein Artikel von Katharina Brieger 
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An den Kindertagesstätten in Deutschland fehlen laut einer in 2022 veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung circa 100.000 Fachkräfte. Das ist leider nichts Besonderes. In fast allen Bereichen unserer Gesellschaft wird über einen eklatanten Fachkräftemangel geklagt. Das bedeutet: Für die verbliebenen Fachkräfte steigt die Belastung, und Mehrarbeitsstunden sind notwendig, um den Betrieb am Laufen zu halten. Es bleibt kaum noch Zeit, einmal durchzuatmen und neue Kraft zu tanken. Die Attraktivität der Berufe verblasst. Es gibt viele Gründe, warum es schwierig ist, genügend qualifizierte Fachkräfte für Kindertagesstätten zu finden. Einige dieser Gründe sind:

1. Niedrige Löhne:
Die Löhne in der Kita-Branche sind oft sehr niedrig, was es schwierig macht, Fachkräfte zu finden und zu halten.
2. Schlechte Arbeitsbedingungen:
Viele Kita-Mitarbeiter:innen klagen über schlechte Arbeitsbedingungen, wie beispielsweise eine hohe Arbeitsbelastung, lange Arbeitszeiten und fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten.
3. Mangel an Anerkennung:
Kita-Arbeit wird oft nicht ausreichend gewürdigt, was dazu führt, dass sich viele potenzielle Bewerber:innen für andere Berufe entscheiden.
4. Hohe Anforderungen:
Der Beruf erfordert eine hohe Belastbarkeit und viel Geduld, was nicht jedem liegt.

Mehr Geld und weniger Vorschriften werden sinngemäß seit Jahren gebetsmühlenartig gefordert. Rückblickend hat sich aber gezeigt, dass mit diesen Lösungsversuchen bestenfalls geringfügige personelle Verbesserungen möglich waren. Wir sollten also nicht auf den großen „Wumms“ hoffen.
Was also bleiben den Kitas für Möglichkeiten, um ausreichend Pädagog:innen zu gewinnen? Meine Vorschläge, um die pädagogische Qualität und somit die Attraktivität für potenzielle Bewerber zu erhöhen:

1. Alleinstellungsmerkmal entwickeln

Damit ist ein pädagogisches Gesamtkonzept gemeint, das sich gegenüber den ortsüblichen Angeboten positiv abhebt. Im Vorfeld sind die rechtlichen und organisatorischen Spielräume auszuloten und in das Konzept einzubeziehen. Es ist zweckmäßig, auch den Träger rechtzeitig einzubinden, da dies auch ein Umdenken in der Verwaltung, z. B. Beschaffung von „bestimmten“ Materialien erfordert oder andere Rahmenbedingungen mit sich bringt. Ein Alleinstellungsmerkmal könnte z. B. die Orientierung an einem reformpädagogischen Ansatz sein. Reformpädagogische Ansätze, aber beispielsweise auch die Denkweise der Offenen Arbeit und der Werkstattpädagogik können dazu beitragen, eine Kultur des Lernens in den Einrichtungen zu entwickeln und Schwerpunkte herauszuarbeiten.

Dabei ist es grundsätzlich wichtig, dass das Wohl des Kindes immer im Mittelpunkt steht und das Alleinstellungsmerkmal einer Kita authentisch und nachhaltig ist, um langfristig erfolgreich zu sein. Gemeinsame Teamfortbildungen, Prozessbegleitungen, Teamcoachings und -supervisionen können den Prozess positiv unterstützen. Das Alleinstellungsmerkmal kann im Anschluss durch eine ansprechende Website, Flyer, Social-Media-Kanäle und persönliche Gespräche kommuniziert werden.

2. Pädagogisches Angebot hinterfragen

In den letzten Jahrzehnten wurden immer mehr Programme und Angebote in den Kita-Alltag gepackt. Eine Konzentration auf das Wesentliche ist dabei die zentrale und vielleicht schwierigste Aufgabe. Alte Weisheit: Weniger ist oft mehr! Sich Gedanken zu machen, was Kinder wirklich brauchen, wird wieder bedeutsamer.

3. Verwaltung und Bürokratie überdenken

Die Mitarbeiter:innen haben oftmals weniger Zeit für die Kinder, da sie sich mit der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben beschäftigen müssen. Die Anforderungen und Vorschriften im Bereich der Verwaltung sind oft komplex und unübersichtlich. Dies kann zu Unsicherheiten und Fehlern führen, die wiederum zusätzlichen Aufwand und Ärger zur Folge haben können. Starre Vorgaben und Regularien lassen oft wenig Spielraum für individuelle pädagogische Konzepte und Ideen. Dies kann dazu führen, dass pädagogische Einrichtungen weniger innovativ und kreativ arbeiten können. Viel wird gemacht, weil es schon immer so gemacht wurde. Die Art und Weise sollte daher kritisch hinterfragt und die erforderlichen Arbeiten mit viel Mut weitestmöglich vereinfacht und reduziert werden.

Lösungsansätze, um den Einfluss von Bürokratie und Verwaltung auf pädagogische Einrichtungen zu reduzieren, sind dabei z. B. die Vereinfachung von Vorschriften, die Schaffung von mehr Flexibilität, die Entlastung der Mitarbeiter:innen und die stärkere Einbeziehung der pädagogischen Fachkräfte bei der Erarbeitung von Regulierungen und Vorschriften.

4. Öffentlichkeitsarbeit verstetigen

Motto: Tue Gutes und rede darüber! Eine Möglichkeit wäre hier z. B. mit kurzen Social-Media-Beiträgen über positive Erfahrungsberichte von Mitarbeitenden und Eltern auf sich aufmerksam zu machen. Die Kooperation mit Ausbildungseinrichtungen kann ebenfalls helfen, qualifizierte Fachkräfte anzusprechen und im besten Fall für sich zu gewinnen.

5. Team bilden

Das Team muss voll hinter dem Konzept stehen. Bei der Teambildung sollte aber auch gewährleistet werden, dass die Mitglieder über Gestaltungsspielräume ihre individuellen Stärken einbringen können. Wichtig für die Teamarbeit ist eine regelmäßige Evaluation, z. B. durch Feedbackgespräche, anonyme Befragungen, gemeinsame Teamreflexionen oder mithilfe von beobachtenden Personen. Die Evaluation sollte als Teil einer langfristigen Strategie betrachtet werden. Nur so können die Ergebnisse nachhaltig umgesetzt und die Zusammenarbeit im Team verbessert werden.

 6. Fehlerkultur installieren

Eine glaubhaft praktizierte Fehlerkultur reduziert Ängste und fördert kreative Problemlösungen. Perfektionismus ist im pädagogischen Zusammenhang abzulehnen. Eine offene Kommunikation innerhalb des Teams kann dazu beitragen, dass Fehler schneller erkannt und angesprochen werden. Es sollte Raum für konstruktive Kritik geben und die Teammitglieder sollten ermutigt werden, ihre Bedenken und Ideen offen zu teilen.

7. Leitungskompetenz optimieren

Die fachliche und vor allem die empathische Führungskompetenz ist der Schlüssel zur Umsetzung der oben aufgeführten Maßnahmen. Eine kompetente Leitungskraft kann dazu beitragen, dass Mitarbeiter:innen sich geschätzt und motiviert fühlen und gerne in der Einrichtung arbeiten. Dies kann langfristig dazu beitragen, dass die Einrichtung erfolgreich ist und neue Mitarbeiter gewonnen werden können.

Um vorzeitigen Bedenken oder gar einer Entmutigung entgegenzutreten, sei gesagt, dass bereits erste kleine Schritte eine positive Wirkung nach außen und innen entfalten. Es ist bemerkenswert, dass schon bei kleinen Fortschritten die Arbeitsfreude der Mitarbeiter:innen sichtlich steigt. Hier ist also buchstäblich der Weg das Ziel. Aus meiner 15-jährigen Leitungserfahrung kann ich versichern, dass wir oft qualifizierte Blindbewerbungen vorliegen hatten. Kurzfristiger Personalmangel, zum Beispiel durch Schwangerschaftsausfälle konnten meist schnell behoben werden. Ich kann Sie also nur ermuntern, im Sinne der Kinder, der Mitarbeiter:innen und nicht zuletzt auch im Sinne der Einrichtung diesen Weg zu gehen.

Quellen

1 Bock-Famulla, K., Girndt, A., Vetter, T. & Kriechel, B. (2022). Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2022, S. 28. Bertelsmann Stiftung

Quelle Titelbild 

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