Oct 2
Kleine Worte - große Schritte: Wege zur erfolgreichen Sprachförderung von Late Talkern
Ein Artikel von Rahel Joha
Linus und Tom sind beide gerade zwei Jahre alt geworden. Sie spielen am liebsten mit dem Zug in der Bauecke und lieben es, im Garten fangen zu spielen. Doch während Linus bereits kleine Sätze wie „Linus nochmal Ball spielen.“ bildet und mit Wörtern wie „Tauchen“ oder „Salamander“ überrascht, kommuniziert Tom noch weitestgehend ohne Wörter. Tom ist ein Late Talker. Doch was bedeutet das überhaupt? Hat das Auswirkungen auf Toms weitere Entwicklung? Und wie kann Tom auf seinem Weg der Sprachentwicklung unterstützt werden?
Was sind Late Talker?
Als Late Talker werden Kinder bezeichnet, die mit 24 Monaten noch keine 50 Wörter sprechen und/oder noch keine Wortkombinationen bilden, ohne dass zusätzliche Beeinträchtigungen vorliegen.1 Laut den S3-Leitlinien zur Therapie von Sprachentwicklungsstörungen von 2022 betrifft dies ungefähr 15 % aller Kinder.
„Wartet einfach mal ab, das verwächst sich noch.“, „Ihr müsst nur mehr mit ihm reden, dann wird das schon.“ oder „Meine Nichte hat auch spät gesprochen und jetzt redet sie wie ein Wasserfall.“ Diese und ähnliche Ratschläge hören Eltern von Late Talkern häufig.
Und ja, es gibt Late Talker, die sprachlich bis zum dritten Geburtstag aufholen. Doch das sind lediglich 30-40 % aller betroffenen Kinder.2 Für die Mehrheit der Late Talker-Kinder besteht ein erhöhtes Risiko für das Ausbilden einer Sprachentwicklungsstörung, die bis ins Jugend- und Erwachsenenalter anhalten3 und soziale, emotionale und schulische Folgen nach sich ziehen kann. Der Fokus der sprachlichen Schwierigkeiten verschiebt sich im Laufe der Zeit. Während zu Beginn der geringe Wortschatz auffällt, zeigen sich im weiteren Verlauf Schwierigkeiten in der Grammatik, der Erzählfähigkeit und des Schriftspracherwerbs.
„Wartet einfach mal ab, das verwächst sich noch.“, „Ihr müsst nur mehr mit ihm reden, dann wird das schon.“ oder „Meine Nichte hat auch spät gesprochen und jetzt redet sie wie ein Wasserfall.“ Diese und ähnliche Ratschläge hören Eltern von Late Talkern häufig.
Und ja, es gibt Late Talker, die sprachlich bis zum dritten Geburtstag aufholen. Doch das sind lediglich 30-40 % aller betroffenen Kinder.2 Für die Mehrheit der Late Talker-Kinder besteht ein erhöhtes Risiko für das Ausbilden einer Sprachentwicklungsstörung, die bis ins Jugend- und Erwachsenenalter anhalten3 und soziale, emotionale und schulische Folgen nach sich ziehen kann. Der Fokus der sprachlichen Schwierigkeiten verschiebt sich im Laufe der Zeit. Während zu Beginn der geringe Wortschatz auffällt, zeigen sich im weiteren Verlauf Schwierigkeiten in der Grammatik, der Erzählfähigkeit und des Schriftspracherwerbs.
Late Talker - was tun?
Die S3-Leitlinien zur Therapie von Sprachentwicklungsstörungen belegen ebenfalls, dass das Risiko für das Entwickeln einer Sprachentwicklungsstörung bei Late Talkern 20-mal höher ist als bei anderen Kindern. Viele Eltern und Erzieher:innen fühlen sich durch diese Prognose verunsichert und fragen sich, wie sie am besten vorgehen sollten. Wichtig zu wissen ist Folgendes: Eine frühe Intervention wirkt. Late Talker profitieren von einer logopädischen Therapie, da sie das Risiko für eine Sprachentwicklungsstörung verringert und deren Schweregrad reduziert.
Logopäd:innen sind die Expert:innen für die Therapie von Late Talkern. Bereits im Alter von 24 Monaten können logopädische Fachkräfte eindeutig feststellen, ob eine Late Talker-Symptomatik vorliegt. Bei der logopädischen Diagnostik ist nicht nur die Größe des kindlichen Wortschatzes relevant, sondern es werden auch Vorläuferfähigkeiten, die Wortartenverteilung, die vorhandenen Wortkombinationen und das Sprachverständnis betrachtet. Wird durch die logopädische Diagnostik bestätigt, dass das Kind ein Late Talker ist, ist eine logopädische Therapie zu empfehlen. Je nachdem, welchen Behandlungsansatz die Logopäd:in verfolgt, findet eine kindzentrierte Therapie oder ein Elterntraining statt.
Logopäd:innen sind die Expert:innen für die Therapie von Late Talkern. Bereits im Alter von 24 Monaten können logopädische Fachkräfte eindeutig feststellen, ob eine Late Talker-Symptomatik vorliegt. Bei der logopädischen Diagnostik ist nicht nur die Größe des kindlichen Wortschatzes relevant, sondern es werden auch Vorläuferfähigkeiten, die Wortartenverteilung, die vorhandenen Wortkombinationen und das Sprachverständnis betrachtet. Wird durch die logopädische Diagnostik bestätigt, dass das Kind ein Late Talker ist, ist eine logopädische Therapie zu empfehlen. Je nachdem, welchen Behandlungsansatz die Logopäd:in verfolgt, findet eine kindzentrierte Therapie oder ein Elterntraining statt.
Kommunikation mit Late Talkern
Eine frühzeitige logopädische Therapie ist für die weitere Entwicklung von Late Talkern wichtig. Doch auch die Art und Weise, wie Bezugspersonen mit Late Talker-Kindern interagieren und kommunizieren, hat einen großen Einfluss auf deren Sprachentwicklung.4 Was kannst du als Erzieher:in also tun, um Late Talker-Kinder wie Tom auf ihrem Weg zur Sprache zu unterstützen? Hier kommen 5 Tipps, die du sofort umsetzen kannst:
1. Fokussiertes Benennen
Einfach viel mit einem Late Talker zu sprechen und ihn mit Sprache zu überschütten, ist nicht hilfreich. Im Gegenteil – dem Kind fällt es in diesem Sprachstrom sogar noch schwerer, einzelne Wörter wahrzunehmen. Beim fokussierten Benennen hingegen achtest du genau darauf, worauf die Aufmerksamkeit des Kindes gerichtet ist. Wo schaut das Kind hin? Worauf zeigt es? Was versucht es bereits selbst zu benennen?
Besonders gut kannst du der Aufmerksamkeit des Kindes beim gemeinsamen Buchanschauen folgen. Tom findet zum Beispiel im Wimmelbuch die letzte Seite am interessantesten – denn dort ist ein Feuerwehrauto zu sehen. Begeistert zeigt er auf den Feuerwehrmann, der gerade mit einem Feuerwehrschlauch das brennende Haus löscht, und macht „Tss Tss“. Diese Lautmalerei kannst du aufgreifen, indem du bestätigend erwiderst: „Genau, Tss Tss – da löschen und da auch löschen.“ Da Toms Interesse im Augenblick genau auf dem Löschvorgang liegt und er das Wort mit direktem Bedeutungszusammenhang wiederholt hört, stehen die Chancen gut, dass Tom das Wort „löschen“ aus dem Input herausfiltern und bald in seinen eigenen Wortschatz integrieren kann.
2. Angepasstes Sprachangebot
Eine angepasste Sprache ist entscheidend für die Förderung von Late Talkern wie Tom. Verwendest du in der Kommunikation lange, komplexe Sätze in monotoner Sprechweise, fällt es den Kindern schwer, relevante Schlüsselwörter zu erkennen und mit der entsprechenden Bedeutung zu verknüpfen.
Durch kurze, einfache Sätze und eine deutliche Betonung einzelner Wörter erleichterst du es den Kindern, relevante Informationen aus dem Sprachangebot herauszufiltern. Das Betonen der Wörter ist nicht nur stimmlich möglich, sondern kann auch durch den gezielten Einsatz von Mimik und Gestik unterstützt werden. Spielt Tom beispielsweise gerade mit einem Ball, kannst du deine Aussage: „Tom, wirf den Ball!“ mit einer Wurfbewegung deiner Hände begleiten. Dieser visuelle Hinweis hilft Tom, die Bedeutung des Wortes „werfen“ zu erfassen und zu verinnerlichen.
3. Gesten und Lautmalereien
Bevor Kinder beginnen, Wörter zu sprechen, nutzen sie meist Gesten oder Lautmalereien. Noch hält sich hartnäckig der verheerende Rat, diese Kommunikationsformen zu ignorieren und nur zu reagieren, wenn das Kind korrekte Wörter äußert. Diese Verhaltensweise beruht auf dem Grundgedanken, das Kind „sei nur zu faul zum Sprechen.“
Doch das stimmt nicht. Late Talker wollen kommunizieren und sie tun das mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Gesten, Gebärden und Lautmalereien sind vollwertige Kommunikationsformen und sollten als wichtiger Schritt in der Sprachentwicklung anerkannt und positiv verstärkt werden. Wenn Tom beispielsweise „wauwau“ sagt, während er auf einen Hund zeigt, kannst du darauf eingehen: „Ja, das ist ein Hund. Wauwau macht der Hund.“ Indem du Toms Lautmalereien aufgreifst und versprachlichst, förderst du die Verknüpfung der korrekten Wortform mit der zugehörigen Bedeutung und gleichzeitig auch Toms Freude am Sprechen.
4. Dialogische Bilderbuchbetrachtung
Bilderbücher sind ein wahrer Schatz für die Förderung der Sprachentwicklung. Besonders wirkungsvoll ist es, wenn Bücher nicht einfach nur vorgelesen, sondern mit den Kindern gemeinsam dialogisch betrachtet werden. Das Dialogische Lesen ist eine evidenzbasierte Methode zur Unterstützung der kindlichen Sprachentwicklung, bei der das Kind und die erwachsene Person die Geschichte des Bilderbuchs gemeinsam erzählen.
Auch Late Talker wie Tom profitieren stark von der dialogischen Bilderbuchbetrachtung. Vielleicht fragst du dich nun: Wie kann das gemeinsame Erzählen funktionieren, wenn das Kind noch kaum etwas spricht? Wie rege ich Late Talker zu eigenen Kommunikationsbeiträgen an und wie wecke ich überhaupt das Interesse am Medium Buch?
Wähle Bilderbücher, die das Kind interessieren. Tom ist beispielsweise begeistert von Traktoren aller Art und sucht sich deshalb meistens ein Buch zum Thema „Bauernhof“ aus. Interaktive Elemente, wie Klappen, Gucklöcher und Drehscheiben sind hilfreich, um seine Aufmerksamkeit zu lenken. Gehe in eine begleitende Rolle und überlasse dem Kind die Führung. Tom darf also direkt zur Seite mit dem Mähdrescher blättern und selbst entscheiden, wie lange er auf dieser Seite verweilen möchte und was ihn hier besonders interessiert. Folge der Aufmerksamkeit des Kindes und kommentiere fokussiert und in einfachen Sätzen, was dort zu sehen ist. Stelle einfache und im weiteren Verlauf auch offene Fragen, um das Kind einzuladen, sich aktiv zu äußern und über das Buch nachzudenken. In Toms Lieblingsbuch springt beispielsweise auf der Seite mit dem Mähdrescher ein Häschen übers Feld. Tom zeigt auf das Häschen und schnüffelt mit der Nase. Das kannst du aufgreifen und mit einer Frage den Dialog eröffnen: „Genau, da ist ein Häschen. Warum hüpft es weg?“.
5. Modellierung kindlicher Äußerungen
Stell dir vor, du lernst etwas Neues – Stricken zum Beispiel. Du freust dich über die ersten Maschen, die entstanden sind. Doch dann betrachtet deine Freundin deine ersten Strickversuche, runzelt die Stirn und sagt: „Die sind ja viel zu locker. Für Socken müssen die Maschen viel akkurater sein.“ Hast du jetzt noch Lust weiter zu stricken?
Genau so fühlen sich Kinder, wenn ihre Kommunikationsversuche kritisch betrachtet und sie aufgefordert werden, etwas nochmal richtig nachzusprechen. Oder wenn sie zu hören bekommen: „Nein, das heißt nicht Lasse, sondern Flasche“. Diese Form der Korrektur setzt Kinder unter Druck und hemmt ihre Sprechfreude. Selbstverständlich ist es wichtig, dass Kinder im Input die korrekten Wörter und Satzstrukturen hören, um sie in ihr eigenes Sprachsystem integrieren zu können. Doch wie geht das wertschätzend, natürlich und ohne Druck?
Modellierung ist ein effektiver Weg, um dem Kind korrekte Satzstrukturen aufzuzeigen. Die Äußerung des Kindes wird dabei aufgegriffen, umgeformt, erweitert oder bei Bedarf korrigiert. Wichtig ist, dass die Korrektur als korrektives Feedback formuliert wird. Zeigt Tom beispielsweise beim Spielen auf den Zug und sagt „Tutu“, kannst du antworten: „Genau, ein Zug! Wo fährt der Zug hin?“
1. Fokussiertes Benennen
Einfach viel mit einem Late Talker zu sprechen und ihn mit Sprache zu überschütten, ist nicht hilfreich. Im Gegenteil – dem Kind fällt es in diesem Sprachstrom sogar noch schwerer, einzelne Wörter wahrzunehmen. Beim fokussierten Benennen hingegen achtest du genau darauf, worauf die Aufmerksamkeit des Kindes gerichtet ist. Wo schaut das Kind hin? Worauf zeigt es? Was versucht es bereits selbst zu benennen?
Besonders gut kannst du der Aufmerksamkeit des Kindes beim gemeinsamen Buchanschauen folgen. Tom findet zum Beispiel im Wimmelbuch die letzte Seite am interessantesten – denn dort ist ein Feuerwehrauto zu sehen. Begeistert zeigt er auf den Feuerwehrmann, der gerade mit einem Feuerwehrschlauch das brennende Haus löscht, und macht „Tss Tss“. Diese Lautmalerei kannst du aufgreifen, indem du bestätigend erwiderst: „Genau, Tss Tss – da löschen und da auch löschen.“ Da Toms Interesse im Augenblick genau auf dem Löschvorgang liegt und er das Wort mit direktem Bedeutungszusammenhang wiederholt hört, stehen die Chancen gut, dass Tom das Wort „löschen“ aus dem Input herausfiltern und bald in seinen eigenen Wortschatz integrieren kann.
2. Angepasstes Sprachangebot
Eine angepasste Sprache ist entscheidend für die Förderung von Late Talkern wie Tom. Verwendest du in der Kommunikation lange, komplexe Sätze in monotoner Sprechweise, fällt es den Kindern schwer, relevante Schlüsselwörter zu erkennen und mit der entsprechenden Bedeutung zu verknüpfen.
Durch kurze, einfache Sätze und eine deutliche Betonung einzelner Wörter erleichterst du es den Kindern, relevante Informationen aus dem Sprachangebot herauszufiltern. Das Betonen der Wörter ist nicht nur stimmlich möglich, sondern kann auch durch den gezielten Einsatz von Mimik und Gestik unterstützt werden. Spielt Tom beispielsweise gerade mit einem Ball, kannst du deine Aussage: „Tom, wirf den Ball!“ mit einer Wurfbewegung deiner Hände begleiten. Dieser visuelle Hinweis hilft Tom, die Bedeutung des Wortes „werfen“ zu erfassen und zu verinnerlichen.
3. Gesten und Lautmalereien
Bevor Kinder beginnen, Wörter zu sprechen, nutzen sie meist Gesten oder Lautmalereien. Noch hält sich hartnäckig der verheerende Rat, diese Kommunikationsformen zu ignorieren und nur zu reagieren, wenn das Kind korrekte Wörter äußert. Diese Verhaltensweise beruht auf dem Grundgedanken, das Kind „sei nur zu faul zum Sprechen.“
Doch das stimmt nicht. Late Talker wollen kommunizieren und sie tun das mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Gesten, Gebärden und Lautmalereien sind vollwertige Kommunikationsformen und sollten als wichtiger Schritt in der Sprachentwicklung anerkannt und positiv verstärkt werden. Wenn Tom beispielsweise „wauwau“ sagt, während er auf einen Hund zeigt, kannst du darauf eingehen: „Ja, das ist ein Hund. Wauwau macht der Hund.“ Indem du Toms Lautmalereien aufgreifst und versprachlichst, förderst du die Verknüpfung der korrekten Wortform mit der zugehörigen Bedeutung und gleichzeitig auch Toms Freude am Sprechen.
4. Dialogische Bilderbuchbetrachtung
Bilderbücher sind ein wahrer Schatz für die Förderung der Sprachentwicklung. Besonders wirkungsvoll ist es, wenn Bücher nicht einfach nur vorgelesen, sondern mit den Kindern gemeinsam dialogisch betrachtet werden. Das Dialogische Lesen ist eine evidenzbasierte Methode zur Unterstützung der kindlichen Sprachentwicklung, bei der das Kind und die erwachsene Person die Geschichte des Bilderbuchs gemeinsam erzählen.
Auch Late Talker wie Tom profitieren stark von der dialogischen Bilderbuchbetrachtung. Vielleicht fragst du dich nun: Wie kann das gemeinsame Erzählen funktionieren, wenn das Kind noch kaum etwas spricht? Wie rege ich Late Talker zu eigenen Kommunikationsbeiträgen an und wie wecke ich überhaupt das Interesse am Medium Buch?
Wähle Bilderbücher, die das Kind interessieren. Tom ist beispielsweise begeistert von Traktoren aller Art und sucht sich deshalb meistens ein Buch zum Thema „Bauernhof“ aus. Interaktive Elemente, wie Klappen, Gucklöcher und Drehscheiben sind hilfreich, um seine Aufmerksamkeit zu lenken. Gehe in eine begleitende Rolle und überlasse dem Kind die Führung. Tom darf also direkt zur Seite mit dem Mähdrescher blättern und selbst entscheiden, wie lange er auf dieser Seite verweilen möchte und was ihn hier besonders interessiert. Folge der Aufmerksamkeit des Kindes und kommentiere fokussiert und in einfachen Sätzen, was dort zu sehen ist. Stelle einfache und im weiteren Verlauf auch offene Fragen, um das Kind einzuladen, sich aktiv zu äußern und über das Buch nachzudenken. In Toms Lieblingsbuch springt beispielsweise auf der Seite mit dem Mähdrescher ein Häschen übers Feld. Tom zeigt auf das Häschen und schnüffelt mit der Nase. Das kannst du aufgreifen und mit einer Frage den Dialog eröffnen: „Genau, da ist ein Häschen. Warum hüpft es weg?“.
5. Modellierung kindlicher Äußerungen
Stell dir vor, du lernst etwas Neues – Stricken zum Beispiel. Du freust dich über die ersten Maschen, die entstanden sind. Doch dann betrachtet deine Freundin deine ersten Strickversuche, runzelt die Stirn und sagt: „Die sind ja viel zu locker. Für Socken müssen die Maschen viel akkurater sein.“ Hast du jetzt noch Lust weiter zu stricken?
Genau so fühlen sich Kinder, wenn ihre Kommunikationsversuche kritisch betrachtet und sie aufgefordert werden, etwas nochmal richtig nachzusprechen. Oder wenn sie zu hören bekommen: „Nein, das heißt nicht Lasse, sondern Flasche“. Diese Form der Korrektur setzt Kinder unter Druck und hemmt ihre Sprechfreude. Selbstverständlich ist es wichtig, dass Kinder im Input die korrekten Wörter und Satzstrukturen hören, um sie in ihr eigenes Sprachsystem integrieren zu können. Doch wie geht das wertschätzend, natürlich und ohne Druck?
Modellierung ist ein effektiver Weg, um dem Kind korrekte Satzstrukturen aufzuzeigen. Die Äußerung des Kindes wird dabei aufgegriffen, umgeformt, erweitert oder bei Bedarf korrigiert. Wichtig ist, dass die Korrektur als korrektives Feedback formuliert wird. Zeigt Tom beispielsweise beim Spielen auf den Zug und sagt „Tutu“, kannst du antworten: „Genau, ein Zug! Wo fährt der Zug hin?“
Zusammenfassung und Ausblick
Wie geht es nun mit Tom weiter? Wenn die Eltern und Erzieher:innen frühzeitig erkennen, dass bei Tom eine Late Talker-Symptomatik vorliegt und aktiv werden, schaffen sie die besten Voraussetzungen dafür, dass Tom trotz seiner sprachlichen Verzögerung positive Kommunikationserlebnisse sammeln kann und sein Risiko für das Ausbilden einer Sprachentwicklungsstörung verringert oder deren Schweregrad abgemildert wird. Aktiv werden bedeutet, Tom möglichst schnell den Zugang zu einer logopädischen Therapie zu ermöglichen und das eigene Interaktions- und Kommunikationsverhalten so anzupassen, dass für Tom eine unterstützende, verständnisvolle und sprachförderliche Umgebung geschaffen wird.
Quellen
1 Leslie Rescorla, The Language Development Survey: a screening tool for delayed language in toddlers, in: Journal of Speech and Hearing Disorders 54(4), Kalifornien: American Speech and Hearing Association 1989, 587-599
2 Anke Buschmann, Christina Ziegler, Prognose der sprachlichen Entwicklung von Late Talkers bis zum Alter von 3, in: Thieme (Hrsg.), Sprache · Stimme · Gehör, Zeitschrift für Kommunikationsstörungen 44(2), Stuttgart: Georg Thieme Verlag 2020, 1 - 7
3 Leslie Rescorla, Prognose und Prädikation der weiteren Sprachentwicklung bei Late Talkern, in: Sachse, St. (Hrsg.), Handbuch Spracherwerb und Sprachentwicklungsstörungen: Kleinkindphase, München: Urban & Fischer Verlag 2015, 101-128
4 Anke Buschmann, Gezielte Anleitung von Bezugspersonen zu sprachförderlichen Alltagsinteraktionen, in: Sachse, St. (Hrsg.), Handbuch Spracherwerb und Sprachentwicklungsstörungen: Kleinkindphase, München: Urban & Fischer Verlag Elsevier 2015, 185-203
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Zur Person
Rahel Joha ist ausgebildete Logopädin, Lehrlogopädin und studierte Therapiewissenschaftlerin (M.Sc.). Seit 2014 arbeitet sie außerdem als Fortbildungsdozentin und gibt Seminare zu den Themenbereichen Sprachentwicklung, Kommunikation, Visualisierung und Onlinetraining. Für die Pädiko Akademie bietet sie im Bereich der Sprachentwicklung verschiedene Seminare zu Themen wie „Herausforderung Late Talker“ und „Dialogisches Lesen zur Sprachbildung“ an.
Rahel Joha ist ausgebildete Logopädin, Lehrlogopädin und studierte Therapiewissenschaftlerin (M.Sc.). Seit 2014 arbeitet sie außerdem als Fortbildungsdozentin und gibt Seminare zu den Themenbereichen Sprachentwicklung, Kommunikation, Visualisierung und Onlinetraining. Für die Pädiko Akademie bietet sie im Bereich der Sprachentwicklung verschiedene Seminare zu Themen wie „Herausforderung Late Talker“ und „Dialogisches Lesen zur Sprachbildung“ an.
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