Mar 28

Herausforderungen und Chancen: Pädagogische Fachkräfte und die Welt der Wahrnehmungsstörungen

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Die frühkindliche Entwicklung legt den Grundstein für das ganze Leben. In Kindertagesstätten wird nicht nur auf spielerische Weise gelernt, sondern auch eine wichtige soziale und emotionale Basis der Kinder gelegt. Doch was passiert, wenn Kinder mit Wahrnehmungsstörungen diesen entscheidenden Entwicklungsschritt bewältigen müssen?

Wahrnehmungsstörungen sind weit mehr als eine abstrakte medizinische Diagnose. Sie beeinflussen die Art und Weise, wie Kinder die Welt um sich herum erfahren, lernen und sich in ihrer Umgebung zurechtfinden. In dieser Hinsicht ist die Bedeutung der optimalen Förderung von Kindern mit Wahrnehmungsstörungen in Kindertagesstätten enorm wichtig. Die Art und Weise, wie pädagogische Fachkräfte, Eltern und die Gesellschaft als Ganzes mit dieser Herausforderung umgehen, hat nachhaltige Auswirkungen auf das Leben dieser Kinder.  

Wahrnehmungsstörungen im Kindesalter

Wahrnehmung ist ein Schlüsselaspekt der kindlichen Entwicklung. Sie ermöglicht es Kindern, ihre Umgebung zu verstehen, zu lernen und sich auf sozialer, emotionaler und kognitiver Ebene weiterzuentwickeln. Doch für einige Kinder gestaltet sich dieser Prozess aufgrund von Wahrnehmungsstörungen als besonders anspruchsvoll. Es gibt verschiedene Arten von Wahrnehmungsstörungen, die die Art und Weise beeinflussen, wie Kinder Informationen aus ihrer Umwelt verarbeiten. Zu den häufigsten gehören:

Auditive Wahrnehmungsstörungen
Bei auditiven Wahrnehmungsstörungen haben Kinder Schwierigkeiten, auditive Informationen zu verarbeiten. So kann das Verstehen von Sprache, das Erkennen von Geräuschen und das Konzentrieren auf auditive Informationen beeinträchtigt sein.

Taktile Wahrnehmungsstörungen
Diese Art von Störungen betrifft die Fähigkeit, taktil (über den Tastsinn) wahrgenommene Informationen zu verarbeiten. Kinder mit taktilen Wahrnehmungsstörungen können die Textur von Objekten nicht richtig unterscheiden. Außerdem kann das Schmerzempfinden beeinträchtigt sein.

Vestibuläre Wahrnehmungsstörungen
Vestibuläre Wahrnehmungsstörungen beeinträchtigen das Gleichgewicht und die räumliche Orientierung des Kindes. Betroffene Kinder haben beispielsweise Schwierigkeiten beim Halten des Gleichgewichts, beim Orientieren im Raum oder bei der Koordination ihrer Bewegungen.

Kinästhetische Wahrnehmungsstörungen
Diese Störungen betreffen die Wahrnehmung der eigenen Körperteile und Bewegungen. Kinder mit kinästhetischen Wahrnehmungsstörungen haben Schwierigkeiten, ihre Bewegungen zu koordinieren und ihre Körperhaltung zu kontrollieren.

Der Rolle der pädagogischen Fachkraft

Für Kinder, die mit Wahrnehmungsstörungen leben, sind alltägliche Aktivitäten oft mit Herausforderungen verbunden. Das Lernen, Spielen und soziale Interaktionen können erschwert sein, was das Selbstwertgefühl und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten beeinträchtigen kann. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass pädagogische Fachkräfte und Eltern diese Herausforderungen verstehen und geeignete Maßnahmen ergreifen, um diesen Kindern die bestmögliche Unterstützung und Förderung zukommen zu lassen.

Die Arbeit von pädagogischen Fachkräften trägt maßgeblich dazu bei, die Lebensqualität von Kindern mit Wahrnehmungsstörungen zu verbessern und ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Pädagogische Fachkräfte übernehmen im Kita-Alltag die Schlüsselrolle als Vermittler zwischen der kindlichen Entwicklung und den individuellen Bedürfnissen der betroffenen Kinder. Dabei ist es wichtig, die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes sorgfältig zu evaluieren und dabei die spezifischen Herausforderungen im Zusammenhang mit seiner jeweiligen Art der Wahrnehmungsstörung zu berücksichtigen. Dies erfordert ein hohes Maß an Empathie und Fachwissen.

Ein weiterer Aspekt in der Rolle der pädagogischen Fachkräfte ist die individuelle Förderung. Da die Bedürfnisse von Kindern mit Wahrnehmungsstörungen stark variieren können, ist es entscheidend, auf die speziellen Anforderungen jedes Kindes einzugehen. Individualisierte Förderpläne, die die Stärken eines Kindes nutzen und gleichzeitig an seinen Schwächen arbeiten, sind dabei eine wichtige Grundlage. Individuelle Förderung kann eine breite Palette von Aktivitäten umfassen, darunter Wahrnehmungsspiele, motorische Übungen und gezielte Lernstrategien.

Wie bei vielen pädagogischen Themen spielt die Haltung auch beim Umgang mit herausforderndem Verhalten eine zentrale Rolle. Nur wenn wir den Kindern auf Augenhöhe, zugewandt, wertschätzend, ressourcen- und fähigkeitsorientiert begegnen, können wir mit den uns fordernden Kindern in Resonanz gehen. Durch das Benennen, Anerkennen und Spiegeln der Bedürfnisse der Kinder schaffen wir eine Atmosphäre der Sicherheit, in der sie sich wahrgenommen fühlen.

Eine systemische Sichtweise erlaubt es, hinter das Verhalten der Kinder und Jugendlichen zu blicken und so Hinweise auf unerfüllte Bedürfnisse zu erkennen. Ein Lernbegleiter, der durch seine Haltung vermittelt, „Ich bin für dich da”, wird zu einer vertrauensvollen Bezugsperson für das Kind. Dabei ist es wichtig, sich immer wieder zu fragen, ob man weiterhin in Verbindung und in Resonanz mit dem jungen Menschen ist.

Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachleuten, einschließlich Pädagog:innen, Therapeut:innen und Ärzt:innen, ist ein weiterer Schlüsselaspekt in der pädagogischen Arbeit mit Kindern, die von Wahrnehmungsstörungen betroffen sind. Interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht es, umfassende und abgestimmte Unterstützung für betroffene Kinder bereitzustellen. Dies fördert nicht nur eine ganzheitliche Entwicklung, sondern erleichtert auch die Identifizierung von Herausforderungen und die kontinuierliche Anpassung von Förderplänen.

 Förderung von Kindern mit Wahrnehmungsstörungen 

Die Förderung von Kindern mit Wahrnehmungsstörungen erfordert eine breite Palette von Ansätzen und bewährten Praktiken, die in Kindertagesstätten angewendet werden können. Eine dieser wesentlichen Methoden umfasst Wahrnehmungsspiele und -aktivitäten. Solche spielerischen Übungen sind nicht nur pädagogisch wertvoll, sondern auch unterhaltsam und motivierend für die Kinder. Sie helfen dabei, die Wahrnehmungsfähigkeiten der Kinder zu schärfen und zu verbessern. Diese Aktivitäten können beispielsweise Spiele mit Farben und Formen beinhalten, die den Kindern helfen, Unterscheidungen zu treffen und Muster zu erkennen. Auch Spiele zur Raumwahrnehmung, die das Bewusstsein für die eigene Körperposition im Raum schärfen, sind äußerst nützlich. Weitere hilfreiche Methoden und Praktiken sind darüber hinaus:

  • Funktionsräume öffnen (Garten, Gänge, Turnräume etc.)
  • Bildungsorte gestalten, Räume zum Wohlfühlen
  • Raum- und Materialangebot mit Aufforderungscharakter („Was sind die Themen der Kinder? Aus dem Erfahrungsgebiet der Kinder/Jugendlichen?“)
  • 1:1 Situationen ermöglichen, Bildungsbegleiter sein
  • Gruppen teilen
  • Keine Stühle (Sitzsäcke, Schaukelstühle, Gummis an Stühlen etc.)
  • Essensituationen reflektieren und anpassen

Eine weiterer Ansatz zur Förderung von Kindern mit Wahrnehmungsstörungen ist das präventiv partizipative Arbeiten. Dabei stellt sich die Frage: “Wo im Kita-Alltag haben die Kinder die Möglichkeit, partizipativ an dem teilzuhaben, was sie betrifft und so Selbstwirksamkeit zu spüren?”

Dabei reicht es nicht aus, wenn Kinder entscheiden, welches Lied im Morgenkreis gesungen wird oder einmal im Jahr abgestimmt wird, wohin der Ausflug geht. Nein - Partizipation bedeutet, Teilhaben an allem, was mich betrifft. Von der Gestaltung des Tagesablaufs und des Raum- und Materialangebotes, bis hin zur Frage: „Machen Hausschuhe Sinn?“ Zudem haben Kinder und Jugendliche beispielsweise auch das Recht auf Mitsprache beim Essensangebot in ihren Kindertageseinrichtungen und Schulen.

Als Individuen spüren wir Selbstwirksamkeit, wenn unser Tun einen Sinn ergibt, wenn wir sinnvolle Aufgaben für uns selbst, für die anderen oder die Gruppe finden und erledigen. Um wen geht es in den Situationen im Umgang mit herausforderndem Verhalten? Es geht um die Kinder und Jugendlichen. Vielleicht sind wir als Lernbegleiter gefragt, den Kindern und Jugendlichen mehr Möglichkeiten zur Teilhabe zu bieten, sowohl in Bezug auf ihre persönlichen Anliegen, als auch auf ihre Wünsche für den Alltag.

Motorik fördern

Die Förderung der Motorik ist ein weiterer zentraler Bestandteil bei der Unterstützung von Kindern mit Wahrnehmungsstörungen. Durch gezielte motorische Übungen und Bewegungsaktivitäten können die Kinder ihre Fähigkeiten zur Körperwahrnehmung und Koordination verbessern. Solche Übungen umfassen beispielsweise Gleichgewichtsübungen, Klettern und Krabbeln, die das Selbstbewusstsein der Kinder in Bezug auf ihre körperlichen Fähigkeiten stärken. Weitere Tools sind beispielsweise:

  • Fidgets (siehe Abbildung 1)
  • Wutmaterial / Wutraum zum (begleiteten) Ausleben der Gefühle
  • „liebevolle Konsequenz“ der Fachkraft als Begleitung fürs Kind/Jugendlichen
  • Gefühle anerkennen, benennen, wertschätzen und Lösungen anbieten, evtl. vor Eskalation

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Abb. 1: Verschiedene Fidget Gegenstände

Kinder mit Wahrnehmungsstörungen können Schwierigkeiten haben, komplexe Anweisungen zu verarbeiten. Daher ist es wichtig, klare, präzise und gut verständliche Anweisungen zu geben, damit Kinder Aufgaben und Aktivitäten in der Kita verstehen und ausführen können. Dies unterstützt nicht nur die Kinder bei der Aufgabenerfüllung, sondern steigert auch ihr Selbstvertrauen und ihre Unabhängigkeit.

Elternarbeit und Inklusion

Die Einbindung der Eltern in den Förderprozess von Kindern mit Wahrnehmungsstörungen ist von entscheidender Bedeutung. Eltern können wertvolle Einblicke in die Bedürfnisse und Fortschritte ihrer Kinder bieten und sind gleichzeitig Ansprechpartner und Entwicklungsbegleiter.  Deshalb ist eine ineinandergreifende Zusammenarbeit der Fachkräfte mit den Eltern eine Grundvoraussetzung für eine gute und unterstützende Entwicklung eines Kindes. Diese Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Eltern ist gesetzlich verankert und hat stets das Wohl des Kindes im Blick.

Eltern sollten daher regelmäßig über die Förderungsziele ihrer Kinder informiert werden. Dies schafft Transparenz und ermöglicht es den Eltern, aktiv am Prozess teilzunehmen. Klare Kommunikation ist der Schlüssel, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten – Eltern, Erziehungsberechtigte, pädagogische Fachkräfte und gegebenenfalls Therapeut:innen – an einem Strang ziehen. 

Die Schaffung einer inklusiven Umgebung in Kindertagesstätten ist ein weiterer entscheidender Schritt, um das Wohlbefinden und die Entwicklung von Kindern mit Wahrnehmungsstörungen zu unterstützen. Inklusion bedeutet, dass jedes Kind, unabhängig von seinen individuellen Herausforderungen, willkommen ist und die gleichen Chancen erhält, am sozialen und pädagogischen Leben in der Kita teilzunehmen. Dies erfordert die Sensibilisierung des gesamten Kita-Personals, um die speziellen Bedürfnisse von Kindern mit Wahrnehmungsstörungen zu verstehen und angemessen darauf einzugehen.

Eine inklusive Umgebung fördert nicht nur die soziale Interaktion zwischen Kindern mit und ohne Wahrnehmungsstörungen, sondern stärkt auch das Selbstwertgefühl der betroffenen Kinder. Sie fühlen sich akzeptiert und unterstützt, was sich positiv auf ihre Motivation und ihr Engagement auswirkt. Die Schaffung einer inklusiven Umgebung erfordert jedoch kontinuierliche Bemühungen und die Zusammenarbeit aller Beteiligten. In Zusammenhang mit Eltern kann eine Zusammenarbeit zum Thema Inklusion dabei  folgendermaßen aussehen: 

  • Thematische Elternabende können helfen, über das Thema Inklusion zu informieren und Eltern bei der Gestaltung dieser einzubinden.
  • Transparentes Arbeiten und Kommunizieren – z.B. sprechende Wände, Mails oder Infos in der App zu bestimmten Themen
  • Vorurteilsbewusste und sozial sensible Interaktion mit Eltern
  • Interdisziplinäres Arbeiten im Team und mit Eltern, z.B. Einbindung von Integrationshelfern in die Zusammenarbeit mit Eltern

Zukunft der Förderung bei Wahrnehmungsstörungen

Insgesamt ist die Bildung und Unterstützung von Kindern im Kita-Alltag, insbesondere derjenigen, die mit besonderen Bedürfnissen wie Wahrnehmungsstörungen konfrontiert sind, ein wichtiger Schwerpunkt in der pädagogischen Landschaft. Dies erfordert nicht nur ein tieferes Verständnis für die Herausforderungen, vor denen diese Kinder stehen, sondern auch die Bereitschaft, innovative Wege zu finden, um ihre Fähigkeiten und ihr Wohlbefinden zu fördern.

Die Zukunft der Förderung von Kindern mit Wahrnehmungsstörungen wird von einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen, Eltern, Therapeut:innen und anderen Fachkräften geprägt sein. Das Schaffen einer inklusiven Umgebung, in der jedes Kind die Möglichkeit erhält, sein Potenzial zu entfalten, wird ein zentrales Ziel bleiben.

Insgesamt ist die pädagogische Arbeit mit Kindern mit Wahrnehmungsstörungen anspruchsvoll, aber äußerst lohnend. Die Fortschritte, die diese Kinder machen und die positiven Auswirkungen auf ihr Leben, sind ein ermutigendes Zeugnis für die Bedeutung einer individuell angepassten Förderung.

Der Artikel wurde mit Unterstützung von ChatGPT und in Co-Autorenschaft von Annette Reisinger erstellt. 

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Wahrnehmung und Wahrnehmungsstörungen
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