May 17

Wertschätzung und Lob im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation

Ein Lernartikel von Mirijam Müller
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Die „Gewaltfreie Kommunikation“ (GFK) nach Marshall B. Rosenberg dient als hilfreiches Werkzeug für eine gelingende Kommunikation und wird in der Regel mit den folgenden vier Schritten verknüpft: 

1. Beobachtung
2. Gefühl
3. Bedürfnis 
4. Bitte 


Rosenbergs Arbeit ist dabei vom humanistischen Menschenbild, der klientenzentrierten Gesprächstherapie nach Carl Rogers und Gandhis Überlegungen zur Gewaltfreiheit geprägt.

Das Konzept der GFK bietet methodische Hilfestellungen, um eine partnerschaftliche Haltung einzunehmen, die es uns ermöglicht, auch in schwierigen Situationen auf Augenhöhe zu agieren und je nach beruflicher Rolle dennoch die Führung beizubehalten. Der Kommunikationsstil der GFK ist dabei wertschätzend und konstruktiv. Es geht um eine bedürfnisorientierte, positive und klare Handlungssprache. 

Das entsprechende Modell stellt eine leicht verständliche Methode dar, die uns mit ein wenig Übung darin unterstützt, uns selbst und unseren Gesprächspartner*innen eine wertschätzende Haltung einzunehmen, in der wir abwechselnd:

  • aufrichtig und klar mitteilen, was in uns vorgeht, worum es uns geht und was wir wollen, ohne andere dabei anzugreifen oder zu beschuldigen und

  • uns einfühlend dafür öffnen, was unser Gegenüber bewegt, was er/sie möchte oder was ihm/ihr wichtig ist.

    Aus dieser Haltung entspringt vor allem in Konfliktsituationen die Kraft für Kreativität und tragfähige Lösungen.

Lob, das nicht “verpufft”

GFK kann auch genutzt werden, um Lob wertschätzend zu kommunizieren und eine Beziehung bereichernd und vertiefend zu stärken. Darüber hinaus dient sie dazu, herkömmliches, alltagssprachliches Lob so auszudrücken, dass es nicht „verpufft“, sondern „wirklich“ ankommt. Im Sinne der GFK wird Wertschätzung ausgedrückt, in dem das, was mein Gegenüber mitbringt und leistet, genau beschrieben wird. Dazu wird mitgeteilt, welche positiven Effekte und warum diese Effekte bei mir ausgelöst werden. So entsteht echte Wertschätzung!

Doch wie funktioniert Lob, Dank und Wertschätzung im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation? Schauen wir uns hierzu das Lob an, das alltäglich von vielen Menschen gegenüber anderen geäußert wird:

Alltäglich geäußertes Lob: 
  •  wird allgemein und als „die“ Wahrheit formuliert (Beispiel: „Das war super!“)
  •  verschweigt oft wichtige und wesentliche Informationen, außer Verhalten anzuerkennen: „Danke für das gute Gespräch!“ - Was genau war an dem Gespräch gut?
  • beinhaltet Urteile und Interpretationen, auch wenn diese positiv formuliert sind: „Die Arbeit war toll!“ – Als wüsste ich, was toll ist.


Wertschätzendes Lob im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation
  • lässt Platz und Raum für andere Sichtweisen und Erfahrungen: „Das gefällt mir!“, beinhaltet aber auch, dass es hier andere Sichtweisen geben kann.
  • benennt meine konkreten eigenen Wahrnehmungen, die ich mit meinem Gegenüber teile: „Du hast Dir trotz Stress eine Stunde Zeit für ein Gespräch mit mir genommen, um mich über jeden einzelnen Schritt der Antragstellung aufzuklären!“
  • zeigt mich mit meinen Gefühlen und erfüllten Bedürfnissen: „Durch das Gespräch mit Dir habe ich Klarheit erhalten und nun fühle ich mich sicher!“

Wenn ich gerne möchte, dass mein Gegenüber wirklich versteht, wie sein/ihr Handeln mein Leben beeinflusst hat und ich meine Verbindung zu diesem Menschen vertiefen will, lassen sich die Schritte der Gewaltfreien Kommunikation im Rahmen eines wertschätzenden Lobs sehr gut nutzen. Wertschätzung auszudrücken ist eine Anerkennung, die von Herzen kommt und ein Ausdruck dafür, wie genau das Handeln einer anderen Person mein Leben beeinflusst hat.

Lob verstärken und Wertschätzung konkretisieren 

Wenn eine Freundin sich frei nimmt, um mich zum Arzt zu fahren, könnte ich sagen: „Das ist toll, dass du mich zum Arzt bringst.“ 

Obwohl ich eine positive Formulierung nutze, kann ich mein Lob verstärken und meine Wertschätzung konkretisieren. Im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation kann ich z.B. folgende Wertschätzung äußern: „Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du dir frei nimmst, um mich zum Arzt zu fahren. Ich mache mir Sorgen und fühle mich sicherer und ruhiger, wenn ich dich dabei habe. Vielen Dank!“ 

Diese Aussage vermittelt der anderen Person mehr Informationen, hilft ihr zu verstehen, was genau sie zu meinem Wohlbefinden beigetragen hat und stärkt unsere Verbindung.

Ein weiteres Beispiel für ein wertschätzendes Lob im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation: Statt meiner Kollegin zu sagen: „Du bist eine tolle Zuhörerin!“, kann ich folgende Wertschätzung formulieren: „Du hast mir zum einen zugehört und zum anderen wiedergegeben, was du gehört und wie Du die Situation wahrgenommen hast. Dadurch habe ich mehr Klarheit erhalten und fühle mich erleichtert. Vielen Dank!“

Bestandteile der Wertschätzung

Die GFK nennt klare Bestandteile im Ausdruck einer Wertschätzung:

1. Die Handlungen, die zu unserem Wohlbefinden beigetragen haben;
2. Unsere jeweiligen Bedürfnisse, die sich erfüllt haben;
3. Die angenehmen Gefühle, die sich durch die Erfüllung dieser Bedürfnisse eingestellt haben; 
4. Ein Dank!

Mit ein wenig Übung lässt sich wertschätzendes Lob schnell umsetzen. Hierzu kann ich in Situationen Wertschätzung ausdrücken, indem ich meine Beobachtung (Achtung: nicht meine Interpretation der Situation), mein daraus entstandenes Gefühl und mein erfülltes Bedürfnis formuliere. Ich kann nach dem Äußern der Beobachtung auch zuerst mein erfülltes Bedürfnis und dann mein Gefühl benennen.

1. Was hat der / die Andere getan oder gesagt? (Beobachtung)
2. Was hat sich für mich erfüllt? (Bedürfnis)
3. Wie geht es mir jetzt, wenn ich daran denke? (Gefühl)
4. Vielen Dank! (Dank)

Zurück zu meiner Eingangsfrage, wie Lob, Dank und Wertschätzung im Sinne der GFK funktioniert: Wenn ich die ersten drei Schritte der GFK Beobachtung, Gefühl und Bedürfnis nutze und statt des 4. Schritts „Bitte“ ein „Dankeschön“ verwende, gelingt es aus meiner Sicht im Sinne der GFK Lob, Dank und Wertschätzung zu kommunizieren. „Denn DANKBARKEIT ist die Kraft zu feiern, die andere und ich selber haben, um das Leben zu bereichern!“. (E. Sachers)
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Zur Person
Mirijam Müller ist ausgebildete Dipl. Sozialpädagogin, systemische Beraterin und systemische Deeskalationscoachin. Hauptberuflich hat sie eine leitende Funktion im Verein INVEMA e.V, der sich für die Inklusion von Menschen mit Behinderung einsetzt. Freiberuflich arbeitet sie als Referentin in der Erwachsenenbildung mit den Schwerpunkten Inklusion von Menschen mit Behinderung, Gewaltfreie Kommunikation, Methoden der kollegialen Beratung, Teamarbeit und Stressmanagement.

Verein INVEMA e. V.: www.invema-ev.de
Trainings: mirijam-mueller.de
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